Von den vielen dummen Äußerungen über „trans“ ist dies wohl die dümmste: „Trans“ stelle die herkömmliche Geschlechterordnung in Frage (oder zerstöre sie sogar). Das Gegenteil ist der Fall. Das Gerede von „falschem Körper“ und „wahrem Geschlecht“ ist gewissermaßen die letzte Bastion einer Essenzialisierung von Genus und Sexus. Geschlechtszugehörigkeit und deren Auslegungen und Verwirklichungen sind demnach keine soziale Konstruktion, also etwas von der Aushandlung unter gesellschaftlichen und kulturellen Vorbedingungen Abhängiges, sondern schlicht ein Fakt: Ich bin so geboren. Zwar gilt es noch, den faktischen Körper dem wahren Körper medizinisch anzupassen (so wie man eine zu große Nase oder einen zu kleinen Busen der wahren Schönheit anpasst). Aber im Grunde wird da nur nachvollzogen, was immer schon der Fall war: ein eindeutiges Geschlecht soll vorliegen, in völliger Übereinstimmung von Körper und Psyche, von äußerer Erscheinung und innerem Selbstverständnis. Wer „trans“ ist, ist viel mehr, viel aufwendiger, viel nachdrücklicher, viel konservativer, viel klischeehafter dem ― nicht etwa selbstbestimmt gewählten und nach eigenem Gusto ausgelebten, sondern a priori auferlegten und in festen Formen wahrnehmbar zu machenden ― Nur-Mann-Sein oder Nur-Frau-Sein verpflichtet, als das „cis“ Seiende je sein könnten. (Oder womöglich sein wollen.) Es gilt unbedingt, das wahre Geschlecht und seine Darbietungen als unzweifelhaft und unverhandelbar zu exekutieren. Darum kann der Anspruch auf „trans“ auch nicht individuell und privat bleiben, er muss als moralische und politische Forderung auftreten, er muss von allen anderen die ausdrückliche Anerkennung einfordern: Ja, stimmt, du hast ein wahres Geschlecht und bist oder warst im falschen Körper gefangen; wenn du dich im Zuge der Transition davon befreit hast, musst jeder akzeptieren, dass du jetzt das Geschlecht hast, das du eigentlich immer schon hattest, und wer dich dem „alten“, dem falschen, dem vor-„trans“ Geschlecht zuordnet, begeht ein Verbrechen.
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