Die Tunesier sind ja nicht blöd. Zwar haben sie damals ihren Diktator im Namen demokratischer Veränderungen gestürzt, was eine gute Sache war und Vorbild für andere arabische Gesellschaften, dass aber die „Demokratie“, die danach kam, nichts, aber schon gar nichts dazu beiträgt, die wirklichen Probleme der Menschen anzugehen und zu lösen, war rasch klar. Darum sind die Tunesier jetzt bei der Wahl zum Staatsoberhaupt massenhaft von den Wahllokalen weggeblieben: Die Wahlbeteiligung im Musterland des „Arabischen Frühlings“ lag bei lediglich 45 Prozent. Eine deutliche Ansage. Demokratische Wahlen sind eine Farce, wenn das politische System mit Armut und Ausbeutung koexistiert. Der tunesische Staat ist, wie jeder Staat, eben nicht der liebe Onkel, der streng, aber gerecht für allgemeine Wohlfahrt sorgt, sondern ein Büttel des Kapitalismus, der dafür sorgt, dass die wenigen Reichen reicher werden, die Masse der Armen aber arm bleibt. Was wollt ihr denn, ihr dürft ja wählen!
Die erbärmliche Wahlbeteiligung lässt die erbärmlichen Ergebnisse des ersten Wahlganges noch erbärmlicher aussehen. Der erst- und der zweitplatzierte Kandidat haben 18,4 und 15,6 Prozent der gültig abgegebenen Stimmen erhalten; errechnet man freilich den Anteil an den Stimmen der Wahlberechtigten, kommen sie zusammen nur auf knapp 15 Prozent. Mit anderen Worten: 85 Prozent der erwachsenen Tunesier und Tunesierinnen haben nicht für den künftigen Präsidenten gestimmt. Was für eine wunderbare „Demokratie“ das doch ist!
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