Man muss da, meiner bescheidenen Meinung nach, keine historischen Gesetzmäßigkeiten und politökonomischen Dialektiken bemühen. Es geht bei all diesen Phänomenen schlicht darum, auf Kosten anderer die eigene Bedürftigkeit zu kompensieren. Die Leuten handeln doch in aller Regel nicht aus Überzeugungen (Islamismus, Marxismus, Neonazismus, Blablabla), sondern sie suchen sich die Überzeugungen und Praktiken, von denen sie sich die beste Befriedigung ihrer Bedürfnisse (nach Anerkennung, Spaß, Kommunität, Grandiosität usw.) versprechen zu dürfen meinen. Strategien des Rechthabens und des Insunrechtsetzens aller anderen, um sich gegen Kritik und Gewissen zu immunisieren. Kommt einem bekannt vor, oder? Nur dass die meisten nicht hingehen und Autos anzünden oder Geiseln enthaupten. Aus verschiedenen Gründen, die man vom Effekt her alle gutheißen kann. Aber die alltägliche Rücksichtslosigkeit ist auch nicht viel besser, nur weniger plakativ. Und das summiert sich dann tatsächlich zu so etwas wie gesellschaftlichen Verhältnissen. Von unten nach oben. Gewiss, die Strukturen (beispielsweise: class, race, gender) wirken auf das Verhalten zurück, aber zunächst ist es das Verhalten (von jedem zu allen), das die Strukturen begründet. Terrorismus ist der trotzige Versuch, dem Staat, an den man nicht ran kann, weil alle ihn verwirklichen, seine Imitation („Guck mal, Vati/Mutti, ich kann so brutal sein wie du“) entgegenzuhalten. Das gibt dem Staat Gelegenheit zur Klage, zur Sorge und zum Ausbau seiner Kontrollsysteme. Es sind keine abstrakten „Interessen“ oder ökonomischen Notwendigkeiten, die da eine Totalität steuern. Es geht um die Mickrigkeit des eigenen Daseins, mit der viel zu viele nicht zurechtkommen, weil sie in die falsche Richtung schauen. Auf diese Weise bleiben leider viel zu viele auf der Strecke. Kann man da gar nichts machen? Doch, man könnte. Aber nicht allein. Eben das ist der Irrtum.
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