Wie ist mir das denn passiert? Unerwarteterweise finde ich mich auf Internetseiten der Universität Wien wieder und muss dort lesen … Ach, ich weiß wieder. Ich wollte einen Plan des Hauptgebäudes finden, um herauszubekommen, wo der zweite Aus- und Eingang zu und von der Reichsratsstraße, den ich letztens nach dem Besuch der Universitätbibliothek entdeckt hatte, eigentlich hinführt. Früher war da doch keine Tür, und nun ist da plötzlich eine? Ich fand also einen Plan, gar keinen schlecht gemachten, nur der neue Zugang war nicht darauf. Weil ich nun aber schon einmlmal auf den Universitätsseiten war, schaute ich mir noch dies und jenes an, kam, wie es so geht, vom Hölzchen aufs Stöckchen. Dabei bemerkte ich mit wachsendem Unbehagen, dass auf den für Studierende vorgesehenen Seiten von gar merkwürdigen Dingen die Rede ist. Da spuken schräge Vokabeln wie Cluster, Interessensmodul, Zuteilungslauf, Prüfungsanmeldesperre, Studienplanpunkt und anderes herum. Was kann derlei mit Studieren zu tun haben? Dann, und darum erwähn ich das alles hier, stieß ich schließlich auf die Frage: „Was ist ein Lehrinhalt?“
Holla, denke ich mir, als ich das lese, das wollte ich auch schon immer wissen, das ist ja eine ganz wunderbare Frage, eine zumal, die wir uns damals in den späten 80ern und frühen 90ern auch schon gestellt hatten, freilich ohne dass sie je so recht zufriedenstellend beantwortet worden wäre. Damals musste man nämlich solche Sachen noch endlos diskutieren, heute wird sowas ruckzuck zurechtdefiniert. Einfach die Frage angeklickt, und man bekommt eine abschließende Antwort. Diese lautet: „Lehrinhalte sind semesterunabhängige Lernziele, die im Curriculum definiert wurden. Während sich die LV-Titel oder LV-Nummern von Semester zu Semester ändern können, bleiben die Lehrinhalte als Konstanten erhalten, um die Erfordernisse der Curricula abzubilden, unabhängig vom Lehrangebot des aktuellen Semesters.“
Was soll man dazu noch sagen? Eine noch mehr von jedem Inhalt entleerte Bestimmung dessen, was ein Lehrinhalt ist, kann unmöglich unternommen werden. Die Lehrveranstaltungsnummern wechseln, aber die kurrikulär definierten Lernziele bleiben konstant. Das ist der Inhalt der Lehre? Man möchte meinen, damit ist der Tiefpunkt des universitären Betriebes erreicht. Der Bologna-Prozess ist an sein vorhersehbares Ende gekommen. Die völlige Geistlosigkeit, der institutionelle Antiintellektualismus, der Papier gewordene Bildungshass hat die Universität von innen her zersetzt. Formalien definieren Formalien, Funktionen werden von Funktionen abgeleitet, Substanz ist oldschool, Diplome zertifizieren regelkonformes Erfolgsverhalten — als ob es auf derselben Ebene läge, beim Mensch-ärgere-dich-nicht alle Hütchen ins Häuschen zu bringen oder sich in einer Wissenschaft auszubilden.
Was für eine Universität von heute ein Lehrinhalt ist, weiß ich jetzt also. Zu gern wüsste ich auch noch, was eigentlich ein Lernziel ist, aber das System verrät es mir nicht. Allerdings werde ich sofort bei Wikipedia fündig, das ist genauso gut: „Lernziele beschreiben den angestrebten Lerngewinn eines Lernenden bezogen auf einen bestimmten Inhalt.“ Und dieser Inhalt, lieber Leser, ist, man weiß es ja (siehe oben), ist auf bestimmte Ziele bezogen. So bezieht sich denn eins aufs andere, alles ist ganz herrlich bestimmt, nichts freilich bedeutet etwas, aber alles funktioniert immerhin. Mehr oder minder.
Ach, welch ein phantastischer Triumph des Prozeduralen, der endlich von aller Sinnhaftigkeit befreiten Technik, des bürokratischen Reproduktionsautomatismusses ist diese Überführung des Wissens ins Ab- und Aufzählbare, in die reine Formalität! Welche eine gelungene Entlastung des ohnedies allzu oft kommunikativ umnebelten und von den Zumutungen der Selbständigkeit frustrierten Subjekts ist diese komfortable Inhaltsleere doch! Im Gewimmel der Regularien muss von dem, was womöglichb bewegt, erregt, verstört, keine Rede mehr sein, endlich kann ganz sine ira et studio studiert werden, wenn man das denn noch so nennen will, Wissenschaft und Leidenschaft gehören definitiv verschiedenen Universen an, und jede Kritik an dem, was da herauskommen kann und tatsächlich herauskommt, perlt am ökonomischen Perfektionismus der akademische Maschinerie restlos ab.
Froh und dankbar bin ich, dass ich heutzutage weder studieren noch lehren muss (sondern bloß ab und zu die Bibliothek benützen darf). Mit dieser verkommenen Institution will ich so wenig wie möglich zu tun haben und ich bedaure alle, die in ihr, warum auch immer, vorübergehend oder dauerhaft festsitzen. Allerdings, warum da eine Tür ist, wo früher keine war, und wo sie hinführt, das möchte ich immer noch gerne herausbekommen.
Was soll man dazu noch sagen? Eine noch mehr von jedem Inhalt entleerte Bestimmung dessen, was ein Lehrinhalt ist, kann unmöglich unternommen werden. Die Lehrveranstaltungsnummern wechseln, aber die kurrikulär definierten Lernziele bleiben konstant. Das ist der Inhalt der Lehre? Man möchte meinen, damit ist der Tiefpunkt des universitären Betriebes erreicht. Der Bologna-Prozess ist an sein vorhersehbares Ende gekommen. Die völlige Geistlosigkeit, der institutionelle Antiintellektualismus, der Papier gewordene Bildungshass hat die Universität von innen her zersetzt. Formalien definieren Formalien, Funktionen werden von Funktionen abgeleitet, Substanz ist oldschool, Diplome zertifizieren regelkonformes Erfolgsverhalten — als ob es auf derselben Ebene läge, beim Mensch-ärgere-dich-nicht alle Hütchen ins Häuschen zu bringen oder sich in einer Wissenschaft auszubilden.
Was für eine Universität von heute ein Lehrinhalt ist, weiß ich jetzt also. Zu gern wüsste ich auch noch, was eigentlich ein Lernziel ist, aber das System verrät es mir nicht. Allerdings werde ich sofort bei Wikipedia fündig, das ist genauso gut: „Lernziele beschreiben den angestrebten Lerngewinn eines Lernenden bezogen auf einen bestimmten Inhalt.“ Und dieser Inhalt, lieber Leser, ist, man weiß es ja (siehe oben), ist auf bestimmte Ziele bezogen. So bezieht sich denn eins aufs andere, alles ist ganz herrlich bestimmt, nichts freilich bedeutet etwas, aber alles funktioniert immerhin. Mehr oder minder.
Ach, welch ein phantastischer Triumph des Prozeduralen, der endlich von aller Sinnhaftigkeit befreiten Technik, des bürokratischen Reproduktionsautomatismusses ist diese Überführung des Wissens ins Ab- und Aufzählbare, in die reine Formalität! Welche eine gelungene Entlastung des ohnedies allzu oft kommunikativ umnebelten und von den Zumutungen der Selbständigkeit frustrierten Subjekts ist diese komfortable Inhaltsleere doch! Im Gewimmel der Regularien muss von dem, was womöglichb bewegt, erregt, verstört, keine Rede mehr sein, endlich kann ganz sine ira et studio studiert werden, wenn man das denn noch so nennen will, Wissenschaft und Leidenschaft gehören definitiv verschiedenen Universen an, und jede Kritik an dem, was da herauskommen kann und tatsächlich herauskommt, perlt am ökonomischen Perfektionismus der akademische Maschinerie restlos ab.
Froh und dankbar bin ich, dass ich heutzutage weder studieren noch lehren muss (sondern bloß ab und zu die Bibliothek benützen darf). Mit dieser verkommenen Institution will ich so wenig wie möglich zu tun haben und ich bedaure alle, die in ihr, warum auch immer, vorübergehend oder dauerhaft festsitzen. Allerdings, warum da eine Tür ist, wo früher keine war, und wo sie hinführt, das möchte ich immer noch gerne herausbekommen.