Samstag, 29. März 2025

Friedenshetze

Dieser Krieg findet statt. Um ihn zu beenden, muss man ihn zu Ende führen. Von alleine hört er nicht auf. Selbst wenn der Angreifer die Angegriffenen doch noch überrennt, wäre das kein Frieden, sondern ein Krieg mit anderen Mitteln, mit freilich gar nicht so anderen: Denn aus den derzeit schon besetzten Gebieten weiß man, wie die Besatzung der Ukraine durch Russland aussähe: Unterdrückung, Folter, Mord, Verschleppung, Einsperrung.
Die Ukrainer und Ukrainerinnen (und solidarische Kämpfer aus vielen Ländern) sind es, die diesen Krieg, der gegen sie und den Westen geführt wird, allein führen. Die Hilfe des Westens, so entscheidend sie ist, ist zögerlich und ungenügend.
Waffenhilfe genügt nicht. Der Westen muss selbst aktiv in den Krieg eingreifen. das ist genau das, was der Feind fürchtet und wogegen er wüste Drohungen ausspricht.
Eine als möglich (oder auch nicht) in Aussicht gestellte NATO-Mitgliedschaft nützt der Ukraine nichts. Sie ist jetzt schon einem Angriff ausgesetzt, wenn also das westliche Bündnis sie als Teil seiner selbst behandeln will, dann jetzt und nicht erst, wenn „dort drüben“ alle tot oder versklavt sind.
Die Angst vor dem Dritten Weltkrieg ist verständlich. Sie ist nicht zufällig Putins stärkste Waffe, Aber vor lauter Angst vor einem Weltkrieg lauter Nichtweltkriege zuzulassen, ist dumm und selbstzerstörerisch. Aus Angst vor Atomwaffengebrauch einem konventionellen Aggressor Konzessionen zu machen, ist dumm und selbstzerstörerisch. Man hat es mit einem schlauen Irren zu tun, der nur die Srache der Gewalt versteht, Dann muss man die eben sprechen.
Wozu sind die sündteuren Atomwaffen der USA, Großbritanniens und Frankreichs eigentlich gut, wenn ihr Abschreckungswert so gering ist? Wenn ihr Einsatz sowieso grundsätzlich abgelehnt wird?
Auch ich lebte weitaus lieber in einer Welt ohne Atomwaffen und ohne Kriege. Die Frage ist: Wie kommt man dorthin? Durch Abwarten? Durch Dulden schurkischer Atomstaaten? ― Der Iran hat und will keine Atomwaffen (gemäß einer Fatwa Chomeinis), aber er wird trotzdem sanktioniert, als arbeite er daran, welche zu haben. Israel hat Atomwaffen, aber niemand redet darüber. Warum ist die real existierende israelische Bombe kein Problem, die nicht existierende iranische schon? Und warum wird das Recht von Diktaturen wie Russland und Rotchina, Atomwaffen zu haben, nie bestritten nie in Frage gestellt, das der Diktatur Nordkorea aber sehr wohl? Irgendetwas stimmt doch da nicht in der Atomwaffenpolitik des Westens. 
Es gibt Geistesschwache, die von Verhandlungen faseln. Was soll zwischen der Ukraine und Russland abgemacht werden? Russland hat die Ukraine überfallen und hält Teile ihres Territoriums besetzt (und die Bevölkerung dort unter Terror), das muss enden. Wenn das nicht Punkt 1 eines Abkommens ist, ist es ein himmelschreiender Skandal und null und nichtig.
„Verhandlungen“ soll also wohl heißen: Die Ukraine tritt Land und Leute an Russland ab, ersetzt seine Regierung durch eine Russland genehme und koppelt sich vom Westen ab. Das ist es, was Putin will (und Trump ihm gewähren möchte).
Wer solche „Verhandlungen“ und Verträge befürwortet, ist ein Kriegsgegner, ein Feind. Nicht nur der Ukrainenerinnen und Ukrainer, sondern der Menschheit. Egal, ob aus Dummheit, aus Bosheit oder weil er von Moskau bezahlt wird.
Frieden schaffen ohne Waffen: Schön gesagt. Aber abrüsten sollte man vor dem Krieg und um Krieg zu verhindern, nicht im schon stattfindenden Krieg. Es geht für den Westen darum nicht um Aufrüstung aus Jux und Dollerei, sondern um dringend erforderliche Nachrüstung. Die Vernachlässigung der militärischen Verteidigungsfähigkeit, aber auch der moralischen (warum ist „kriegstüchtig“ sonst eine viele in der BRD so verblüffende Vokabel?) rächt sich. Wer immer noch glaubt, in Frieden leben zu können, wenn die Nachbarn schon kämpfen und sterben, ist ein Dummkopf oder ein Schwein.
Frieden schaffen ohne Waffen: Wie denn dann? Durch Hokuspokusfidibus? Die Realität ist vielleicht Scheiße, aber sie ist nun einmal das, womit man arbeiten muss. Wenn Krieg ist, ist Krieg. Und der ist erst vorbei, wenn der, der ihn begonnen hat, ihn nicht mehr führt. Am besten: Nicht mehr führen kann. Russlands Sieg brächte nicht Frieden, sondern Unterdrückung und künftigen Krieg. Darum muss die Ukraine diesen Krieg gewinnen. Oder alles ist verloren.
Слава Україні! Героям слава!

Mittwoch, 26. März 2025

Zitate aus der Hölle (2)

Wow, was für eine Überraschung! Eine berührende, schöne und traurige Liebes- und Familiengeschichte, so elegant geschrieben, soviele überraschende Twists, spannend, wie ein Krimi.

Montag, 24. März 2025

Leute (26)

Was X. da zusammengemalt hatte, war langweilig, einfältig, selbstgefällig, und man vergaß es schon, während man es noch anschaute. Kein Wunder, dass niemand etwas von dem so ambitioniert Ausgestellten kaufen wollte. Zu seinem Glück aber, das er uneingestandenermaßen als Unglück empfand, musste X. von seiner Malerei ja nicht leben. Meiner Meinung nach geht es beim sogenannten Erfolg übrigens gar nicht um die Qualität von Bildern, über die es immer verschiedene Meinungen geben kann, sondern um die erlangte Position auf dem Markt. X. hatte keine. Gewiss, er wurde ausgestellt, wie auch er im Rahmen der von ihm irgendwann halb improvisierten Ausstellungen freundlicherweise immer wieder auch andere ausstellte. Aber im Grunde war er mit dieser seiner Freizeitbeschäftigung, die aus ganzen Herzen seinen eigentlichen Lebensinhalt darstellte, gescheitert. Denn er hatte nie jemanden gefunden, der mit ihm Geld verdienen wollte. An seiner unangenehmen Persönlichkeit konnte das kaum gelegen haben, es gibt viele Künstler, die in vielerlei Hinsicht Arschlöcher sind. Vielleicht lag es an seiner Halbherzigkeit, seinem Zögern, seinen Skrupeln. Dies in Verbindung mit Arroganz hatte ihn vielleicht wenig geschäftstauglich gemacht. Und außerdem waren, wie gesagt, seine Bilder belanglos.

Sonntag, 23. März 2025

Balken & Splitter (113)

Früher sagte man, in den USA gebe es nur zwei entscheidende politische Richtungen: rechts und rechtsextrem. Heute könnte man sagen, es seien immer noch nur zwei: faschistisch und hilflos.
 
Raul Hilberg, der Erforscher der Vernichtung der europäischen Juden, unterschied Täter, Opfer, Zuschauer. Was die derzeitige Gegenwart betrifft, so sind alle unvermeidlich Zuschauer. Warum auch die nichts tun, die zwar nicht am Ruder, aber doch auch an der Macht sind, dürfte nicht nur den Opfern unverständlich sein.
 
Darf das wahr sein? Es scheint alles so irreal.
 
Dass die Wirklichkeit nicht mehr richtig wirklich ist, ist keine neue Erkenntnis. Simulationen, Vorspiegelungen, Fälschungen, Tricks aller Art bestimmen das moderne Leben.
 
Don Quijote kämpfte gegen Windmühlen, heißt es, die er für Riesen hielt. Heute schlagen die Windmühlen wild und medientauglich um sich, damit man die Riesen nicht sieht, die die Realität okkupiert haben.

Elitenversagen? Als ob, mit Verlaub, das Züchten von gut ausgebildetem, aber moralisch verrottetem und im Grunde strunzdummem Personal nicht immer schon Sinn und Zweck eines Bildungssystems gewesen wäre, in dem es teure Schulen und Universitäten für die Kinder der Reichen und öffentliche Schulen und Massenuniversitäten für den Rest gibt.
 
Dass mächtige Funktionäre des Staates nichts von dem verstehen, wofür sie zuständig sind, ist kein Missgriff, sondern Schachzug. Und als solcher weder neu noch besonders. Schon gar keine Besonderheit der USA, dort nur, wie alles,  spektakulärer. (Oder will irgendjemand behaupten, die bundesdeutschen und österreichischen Minister der letzten Jahrzehnte seien kompetent, klug und gebildet gewesen?)
 
Übrigens war Ribbentropp Sekthändler. Hitler ein verhinderter Maler. Himmler gescheiterter Hühnzüchter. Usw. usf. (War das übrigens auch schon Folge der Postmoderne, die manche darin erkennen wollen, dass ein Immobilienmakler US-Beauftragter für die Ukraine ist?)
 
Was einen beeindrucken soll, davon sollte man sich nicht beeindrucken lassen.

Mag sein, dass eine E-Auto-Marke wegen der abstoßenden Dummheit ihres obersten Repräsentanten derzeit an Wert und Marktanteil verloren hat. (Superreiche kommen und gehen. Irgrndwann sterben sogar welche.) Das ändert nichts am Prinzip, das hinter dem ganzen Spektakel steht: Die Reichen werden Reicher und der Rest schaut hilflos und faktisch gehorsam zu.
 
Dass Menschen real unter dem System leiden, das aus lauter unfassbaren Simulationen zu bestehen scheint, ist die Kehrseite. Das Kriterium der Wahrheit und Richtigkeit ist darum, wenn man so will: Wer stirbt daran? Wer wird wen betrauern? Was wird für immer zerstört?

Mittwoch, 19. März 2025

Balken & Splitter (112)

Den Kapitalismus abzuschaffen, wäre sicher eine prima Sache. Aber bis es soweit ist, wäre ich schon froh, wenn der Kapitalismus mich und viele andere davor schützt, von größenwahnsinnigen Massenmördern mit aufgeblähten Militärmaschinerien samt Atomwaffen bedroht und bei Gelegenheit getötet zu werden.

Man kann gegen „Rüstung“ und „Militarisierung“ geifern, aber wem nützt das? Es schützt kein einziges Leben. Im Gegenteil, ein kapitalistischer Westen ohne Rüstungsindustrie und ohne funktionierendes Militär wäre (a) immer noch kapitalistisch und lieferte (b) Menschen den Machtspielchen und mörderischen Interventionen von Diktaturen aus.

Aus lauter Angst vor dem Dritten Weltkrieg viele kleine Nichtweltkriege in Kauf zu nehmen, ergibt ebenfalls viel Tod und Zerstörung.

Wenn es darum geht, den Westen zu kritisieren, bin ich gern vorne mit dabei. Aber die Relationen müssen stimmen. So mies die USA als gesellschaftliches, ökonomisches, kulturelles und politisches System sein mögen, Rotchina, Groß-Moskowien, Saudi-Arabien, die Gefängnisinsel Kuba (usw. usf.) sind nicht nur nicht besser, sondern sehr viel schlimmer.

Ich mag von Leuten, die immer noch die Schlächtereien der Französischen Revolution, der Pariser Kommune, des Novemberputsches, der „Kulturrevolution“ verteidigen, nichts über „Kriegshetze“ hören.

Stellt euch den Tatsachen: Der Kalte Krieg war keine so üble Sache. Und es hat ihn die bessere Seite gewonnen.

Wer denen, die eine Bankräuberin und Teilzeitterroristin als (abwesende) Redner zu einer „linksradikalen“ Maifeier einladen, ins Hirn geschissen hat, weiß ich nicht. Wahrscheinlich waren da so viel petrifizierte Exkremente von Marx unter der Hirnschale, dass schon eine geringe Menge neueste Scheiße die Schädel zum Überlaufen brachte.

Gegen den Staat zu sein, ist legitim. Für private Räubereien (inverser Robin Hood: von den Bankkunden nehmen und nichts den Armen geben) und die Lust an Mord und Totschlag aber gibt es keine Rechtfertigung. Wenn Terrorismus der Vorgeschmack auf die Befreiung durch die Arbeiterklasse ist, möchte ich lieber vom Proletariat und seiner selbsternannten Avantgarde befreit werden.

Freitag, 14. März 2025

Zitate aus der Hölle (1)

Eine verblüffende Fantasy-Krimi-Komödie mit spektakulären Twists!

Reden wir bitte über einen Genitiv

Da in nächster Zeit voraussichtlich noch mehr von Friedrich Merz die Rede sein wird, als man es vernünftigerweise je jemandem wünschen konnte, hier ein Wort zur Deklination seines Namens. Ich mache da eine Feststellung und äußere ein Wunsch: Der Genitiv von Merz lautet „Merzens“. Beispiel: „Merzens dummes Gerede kann kaum die Einfältigsten überzeugen.“
Leider ist ein solcher völlig korrekter und sehr sinnvoller Genitiv etwas, was viele Deutschsprachige scheuen wie der Teufel das Weihwasser. „Merzens“, das klingt ihnen altbacken und umständlich. Entweder behelfen sie sich mit der Umschreibung „von Merz“ oder sie bedienen sich einer der Bizarrerien der deutschen Rechtschreibung: des zweiten Deppen-Apostrophs.
Als solches bezeichne ich gern das Apostroph hinter am Ende mit einem S oder X oder Z geschriebenen Namen: „Mies’“, „Mises’“, „Marx’“, „Merz’“. Damit soll offenkundig der Genitiv bezeichnet werden. Das Besondere (und eben Deppenhafte daran): Diesen vermeintlichen Genitiv kann man nur schreiben, nicht sprechen: „Marx’ Gespenster“ klingt ganz genauso wie „Marx Gespenster“. Aber es fiele den Leuten dennoch im Traum nicht ein, sich an einem solchen Häkchen zu stören, bloß weil es überflüssig ist ― wenn lautlich kein Unterschied besteht, wozu es dann schreiben? ―, und schon gar nicht das unerträglich vorgestrige „Marxens“ zu sagen und zu schreiben.
Als (nach meiner Zählung: erstes) Deppen-Apostroph bezeichnet man bekanntlich das überflüssige Apostroph beim Genitiv-S, das zwar gesprochen, aber eigentlich ohne Apostroph geschrieben wird: „Susi’s Nagelstudio“. ― Manche möchten auch bei „ans“, „fürs“, „ins“ und „ums“ ein Apostroph setzen, wenn es sich Kontraktionen von „an das“, „für das“, „in das“ und „um das“ handelt: „an’s“, „für’s“, „in’“ und „um’s“. Doch ums klar zu sagen: Das ist völliger Quatsch. Denn das Apostroph wird korrekterweise nur beim Weglassen des E verwendet: „um es“ wird zu „um’s“. (Warum man überhaupt irgendetwas anzeigt, was nicht da ist, bleibt unerfindlich.)
Nicht weniger überflüssig und dumm als das zu Recht verachtete Deppenapostroph scheint mir nun, wie gesagt, das unhörbare Apostroph bei am Schliss zischenden Namen. Wenn es in der Aussprache keinen Unterschied macht (und auch keine wglassung bezeichnet), kann es weggelassen werden. Wie schön wäre es, wenn die Leute stattdessen ihre Angst vor alten Formen verlören und „-ens“ sprächen, schieben und zu hören und zu lesen ertrügen! Wübschen darf man sich das ja. Auch wenn es nicht passieren wird.
Übrigens: Eine Steigerung der Bizarrerie ist es, wenn Namen, die gar nicht auf gesprochenem, sondern nur geschriebenem S enden, ebenfalls ein Apostroph verpasst bekommen: „Lukács’ Marx-Lektüre“; der Name ist „Lukatsch“ auszusprechen, da wäre „Lukatschs“ („Lukácss“) ein passabler Genitiv, wenn gleich selbstverständlich „Lukácsens“ deutlicher und schöner.

Willkürliches Herumregieren, unabhängig von demokratischen Mehrheiten

„Deutschland muss unabhängig von Wahlterminen und unabhängig von der Zusammensetzung des deutschen Bundestages entscheidungsfähig sein, Deutschland muss verteidigungsfähig werden und Deutschland muss zurück auf die internationale Bühne.“ Sagte Friedrich Merz, Vorsitzender der stimmenstärksten Partei und geplanter nächster Regierungschef, am 13. März im deutschen Parlament.
Das klassische autoritäre Konzept: Der Staat („Deutschland“) darf nicht abhängig von all dem demokratischen Plunder sein, von Herumwählerei und parlamentarischen Mehrheitsverhältnissen. Es muss ganz was entschieden was entschieden werden. Und das soll ganz großes Theater ergeben („internationale Bühne“). ― Wie sagte schon Bismarck vor preußischen Abgeordneten: „Nicht durch Reden und Majoritätsbeschlüsse werden die großen Fragen der Zeit entschieden, sondern durch Eisen und Blut.“
Während aber Bismarck, soweit man weiß, stets wusste, was er sagte, verplappert sich der nicht nur im Vergleich zum eisernen Kanzler recht mickrige Herr Merz gern einmal. Denn das Pikante an seinem illiberal-antidemokratischen Gequatsche ist ja, dass es zu seinem Werben um eine parlamentarische Mehrheit für eine Verfassungsänderung gehört, durch die seiner künftigen Regierung das Schuldenmachen im großen Stil erlaubt werden soll. Fast könnte man Merzens Unfähigkeit, seine Worte und seine Absichten, seine Taktik und sein Ziel irgendwie in Einklang zu bringen, rührend finden. Wenn es nicht so lächerlich, so unberechenbar und darum gefährlich wäre.
Pointe Nr. 1: Im Wahlkampf hatte Merz noch über Schuldenmacherei und wirtschaftliche Inkompetenz von Sozialdemokraten und Grünen geschimpft wie ein hysterischer Rohrspatz. Der Staat müsse mit seinen Einnahmen auskommen, und Schulden gingen ja nun mal gar nicht. Nun will er die Stimmen der Sozen fürs Regieren und die der von ihm als linke Spinner diffamierten Grünen noch mal eben dazu, um die verfassungskonforme Neuverschuldung in ungeahnte Höhen treiben zu können.
Pointe Nr. 2: Dazu soll auf den alten, längst abgewählten Bundestag zurückgegriffen werden, während der neue, der unangenehmerweise eine parteipolitisch vertretbare Zweidrittelmehrheit nicht zulässt, noch auf seine Verwendung warten muss: um Bundeskanzler Merz zu installieren. Ein interessantes Verständnis von Demokratie, Verfassung und Rechtsstaat.
Pointe Nr. 3: Das, was Merz und die Seinen jetzt gern beschlossen hätten, hätte mit ihren Stimmen seit Jahren auf unproblematische Wege beschlossen werden können, aber eine Änderung der berüchtigen „Schuldenbremse“ lehnten sie immer als Teufelszeug ab. Die Ablehung war aber offensichtlich eher hypokriritsch als kategorisch, denn derzeit ist ihnen der alte Bundestag doch noch gut genug, um zu genehmigen, was sie früher auf keinen Fall wollten und noch im nur wenige Wochen zurückliegenden Wahlkampf strikt verwarfen.
Aber „Deutschland“ muss eben künftig (und also wie bisher) offensichtlich unabhängig von Wahlversprechen und Wirtschaftskompetenz regiert werden. Was vorhin noch völlig undenkbar, ist jetzt unbedingt notwendig. Morgen ist womöglich ohnehin wieder alles anders. Wer das für verrückt und unverantwortlich hält, ist offensichtlich ein realitätsfremder Spinner.

Montag, 10. März 2025

Leute (26)

Auch meiner langjährigen guten Freundin X. schenkte ich damals ein Exemplar meines ersten Romans. Sie verlor nie wieder ein Wort darüber. Hätte ich von mir aus irgendwann fragen sollen, ob sie ihn gelesen habe und wie es ihr damit ergangen sei? Das tun zu müssen, fand ich nahezu beleidigend und unterließ es darum. Ab und zu treffen wir einander. Letztens kam sie dabei aus irgendeinem Grund auf einen gewissen Y. zu sprechen. Der Name sagte mir nichts (Oder nicht viel.) Wohl einer dieser zahllosen Krimi-Heinis, mit denen man mich jagen kann. X. schwärmte von seiner Schreibkunst und verwies auf ihr Bücherregal, wo alle seine Werke stehen, säuberlich aufgereiht. Dass ihr Verhalten für mich kränkend sein könnte, auf die Idee kam sie gar nicht. (Ich neide Herrn Y, seinen Erfolg nicht. Er hat ihn angestrebt und erreicht. Schön für ihn. Wahrscheinlich sind seine Texte auch danach. Nun, jeder, wie er mag. Ich schreibe anders. Das muss man auch nicht mögen. Aber man könnte die Höflichkeit aufbringen, es irgendwann einmal zu erwähnen.)

Mittwoch, 5. März 2025

Balken & Splitter (111)

Es ist beleidigend, dass man von solchen Leuten regiert wird. Dass solche Leute Macht haben und Aufmerksamkeit bekommen. Sie sind ja nicht nur dumm und böse, sie sind vor allem lächerlich. Dass man genötigt wird (oder doch werden soll), ihrem kindischen Treiben beizuwohnen, ist eine Zumutung. Sie nehmen sich selbst unvorstellbar wichtig (und können tatsächlich mit wenig Aufwand allergrößten Schaden anrichten). Aber sie sind völlig unbedeutend und menschlich wertlos. Sie sind mickrige Schädlinge, die es allenfalls verdienten, kopfschüttelnd beiseite geschoben zu werden. 

Ob die Zustimmung, die sie trotz oder eben wegen ihrer Lächerlichkeit und Minderwertigkeit finden, etwas mit Karnevalismus zu tun hat? Ist Trump eine Art von Narrenbischof, allerdings mit den Codes für die Atombomben?
 
Mir fehlt der Sinn fürs Saturnalische, besonders  wenn es so zwanghafte, wohlgeordnete, durchbürokratisierte und in jeder Hinsicht beschränkte Formen annimmt wie der deutsche Karneval. Verkrampfte Ausgelassenheit. Von der Polizei geschütztes Aufmarschieren von Humorfunktionären. Da freut sich, wer wie ich abseits steht und sich etwas belästigt fühlt, naturgemäßauf den Aschermittwoch.
 
Was kann man noch ernst nehmen von dem, was einem als Politik angedient und medial übergestülpt wird? Allenthalben Scheinprobleme und Scheinlösungen durch Scheinmaßnahmen. Golf von Amerika, Sondervermögen, Einstellung des Familiennachzugs, heissa, das macht Spaß. Narrenpolitik (von Deppen für Verarschte). Welthunger, Umweltschutz, soziale Gerechtigkeit, Krieg: anscheinend alles nicht so wichtig.
 
Tötet ein Syrer, ist er ein Islamist und deshalb müssen Ausländer deportiert werden. Tötet ein Inländer, hat er psychische Probleme (und dass er womöglich ein Nazi war, zählt nicht).  Verwendet ein Mörder zum Morden ein Messer, müssen Messer endlich großräumig verboten werden. Verwendet ein Mörder zum Morden einen Kraftwagen, passiert gar nichts. (Gestoppt haben soll den Mannheimer Verrückten ein Taxifahrer aus Pakistan. Gut, dass der nicht schon remigriert worden war.)

Samstag, 1. März 2025

Stand der Dinge (meine Sicht), eine Fortsetzung

Es ist alles schrecklich. Schrecklich lächerlich. Schrecklich dumm. Schrecklich bösartig. Wäre es aber anders, wär’s mir auch nicht recht. Denn wenn beispielsweise Trump die Ukraine unterstützte und die Palästinenser, müsste ich anfangen, meine eigene Haltung doch sehr in Frage zu stellen.
Es ist traurig, dass die angebliche Vormacht der Freien Welt (tatsächlich die Vormacht des Kapitalismus) in die Hände einer Räuberbande aus lauter Schwachsinnigen gefallen ist, die genau das tut, was geistesschwache Verbrecher eben tun, die dazu Gelegenheit und Mittel haben: andere erpressen und schädigen.
Da darf man nicht zum Komplizen werden und nach Möglichkeit nicht zum Opfer, da muss man sich verweigern und sich wehren.
Es ist tieftraurig, dass das Menschenleben kosten wird.
Trotzdem, Präsident Selenskyj ist mein Held. Er ist vor dem bösen Clown und seinen Unterteufeln nicht in die Knie gegangen. Er hat die Würde einer ganzen Nation und den schlichten menschlichen Anstand verteidigt.
Würde und Anstand sind Trump und Seinesgleichen fremd und zuwider. Er hasst alle, die nicht so gierig, geil und dumm sind wie er. Er weiß Diktatoren zu schätzen, weil er selbst einer sein möchte (und auf Grund der verstaubten Verfassung der USA auch fast einer ist).
Trump ist nicht intelligent, nur instinktiv schlau, und er ist moralisch korrupt (ökonomisch sowieso). Mit so jemandem kann man nicht verhandeln, mit ihm gibt es keine geteilten Werte und keine gemeinsame Rationalität, an die man appellieren könnte. Für Trump gibt es, um ihn zu gewinnen, nur Anbiederung und Unterwerfung.
Das hat Selenskyj verweigert.  Der Preis mag hoch sein. Die Alternative hätte viel Wertvolleres gekostet: die Integrität. Altmodisch gesagt: die Ehre.
Слава Україні! Героям слава!