Mittwoch, 14. August 2024

Leute (11)

Und dann die Sache mit Dostojewski. X. war empört, dass ihrer Behauptung zufolge Veranstaltungen zu russischer Kultur nicht mehr stattfinde könnten und russische Literatur nicht mehr gelesen werden solle. Davon wisse ich nichts. Russische Literatur sei überall erhältlich und werde wohl auch weiter gelesen. Dass Kulturveranstalter derzeit (im Sommer 2023) Bedenken hätten, so zu tun, als könne man sich unbelastet und bedenkenlos mit russischem Kulturgut befassen, währen Russen Ukrainer massakrierten (durch Raketen und Drohnen, aber auch von Hand wie in Butscha und anderswo) sei ja wohl verständlich. Aber dafür könne doch de russische Literatur nichts, so X. mit Nachdruck. Ob sie Dostojeweski wirklich gelesen habe, nicht nur die Romane, auch seine politischen Texte? Unzählige russische Autoren seien mitverantwortlich für die Ideologie der russischen Großmachtpolitik, die die ganze Menschheit bedrohe darunter auch ihr ach so geliebter Herr Dostojewski mit seinem Hass auf den Westen und die Ukraine. Aber Dostojewski sei Weltliteratur!, kreischte, geradezu. Das sei mir egal. erwiderte ich kaltschnäuzig, wenngleich aufgebracht. Weltliteratur sei ein willkürlicher Begriff. Dostojewski als politischer Schriftsteller sei einfach Dreck, der entsorgt gehöre. ― Nach diesem unerfreulich Gespräch und noch einigen merkwürdigen e-mails habe ich X. nicht mehr getroffen, gesprochen oder ihr geschrieben. Auch sie verhält sich so.

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