Freitag, 24. März 2023

Unganda und anderswo

Wer das ugandische Gesetz, das homosexuelle Handlungen (und deren Nicht-Denunziation) unter Strafe stellt, als „antihomosexuell“ und „homosexuellenfeindlich“ bezeichnet, ist selbst antihomosexuell. Warum? Weil homosexuelle Handlungen keineswegs nur von Homosexuellen, verstanden als einer vom Rest der Mensch unterschiedene Spezies („born that way“), vollzogen werden können und vollzogen werden. Geschlechtliche Handlungen mit einer Person des eigenen Geschlechts sind etwas jedem Menschen Mögliches, und ihre restriktive „Auslagerung“ auf eine angeblich definierbare Personengruppe sachlich nicht gerechtfertigt und ideologisch fragwürdig. Es scheint dabei um eine „saubere“ Heteroxualität zu gehen, die faktisch weiter als natürliche Norm gelten soll, während die Abweichung davon etwas ist, was nur einer derzeit in den westlichen Gesellschaften zwar als hinnehmbar geltenden, aber eben abgegrenzten Art von Sonderfällen zukommt.
Das ugandische Gesetz bedroht alle, ob sie homosexuell „sind“ oder nicht, sofern sie sich homosexuell verhalten. Entsprechend müsste auch der politische Kampf gegen dieses Gesetz aufgestellt sein.
Wer hingegen immer noch Homosexualität zur Sache bloß von „Homosexuellen“ macht, denkt genauso wie die Verfolger (vgl. Verbot von „Homo-Propaganda“ in Russland), nur eben mit umgekehrten Vorzeichen: Die einen hassen die Schwuchteln (und Lesben), die anderen haben sie gerade gern (weil sie eh so brav und anspruchslos, familienwerte orientiert und konservativ sind). Vorzeichen aber können sich leicht ändern. Darum muss man die ideologischen Grundlagen der negativen wie der positiven „Homosexuellenpolitik“ zerstören.
Eine Befreiung der Homosexuellen kann es nur in einer sich befreienden Gesellschaft geben. Erst wenn die potenzielle Homosexualität jedes Menschen als Selbstverständlichkeit gilt, ist Repression wirklich ausgeschlossen. Bloße Duldung kann jederzeit zu neuer Diskriminierung, Unterdrückung, Auslöschung werden. Wer „Homosexualität“ nur als Homosexuellsein der Homosexuellen gelten lassen will, hat den Pfad der Homosexualiätsabwertung noch nicht verlassen.

Neuer Friedensvorschlag

Darüber wird man ja noch verhandeln dürfen: Die USA treten Alaska an die Russländische Föderation ab und diese zieht dafür ihre Streitkräfte aus der gesamten Ukraine ab.

Balken & Splitter (97)

Wenn anderswo, etwa in Ungarn oder Venezuela oder Myanmar stattfände, was gerade im „Staat Israel“ stattfindet, nämlich die schrittweise Abschaffung von Demokratie und Rechtsstaat (und diesmal sogar fürs Herrenvolk, nicht nur für die Bürger zweiter Klasse und die Untertanen in den Besetzten Gebieten), die Empörung wäre enorm und das faschistische Regime, das solches treibt, würde international zu Recht geächtet.

Selbstverständlich sympathisiere ich mit dem französischen Protest gegen Macrons Sozialabbau. Allerdings ist die Aufregung über ein gesetzliches Renteneintrittsalter von 64 etwas lächerlich, wenn es anderswo in Europa 65 oder 67 beträgt … Sagen wir also, es geht ums Prinzip.
 
Wer damals vor Impfschäden warnte und sie, als sie eintraten, den Impffanatikern vorrechnete, galt als Schwurbler, Verschwörungstheoretiker, Coronaleugner, Wutbürger, Querdenker, Nazi. Heute spricht man von Post-Vac-Syndrom und das ist, wenn Mediziner damit Geld machen, gar nicht mehr ehrenrührig.

Ich habe den niederösterreichische Landtag nicht mitgewählt. Anders als die, die mit ihrer Stimmabgabe, wofür auch immer, das politische System legitimiert haben, hätte ich also alles Recht der Welt, zu sagen: ich habs auch ja gesagt, und mich über die jetzt mit Billigung des Landtages errichtete Regierungskoalition zu empören. Allerdings finde ich es unnötig, ein politisches System, das ich ablehne, dafür zu kritisieren, dass es hervorbringt, weswegen ich es ablehne: eine strunzdumme und bösartige Regierung, die auf Ausbeutung, Zerstörung und Verdummung aus ist, die die Reichen reicher werden lassen, einige Arme schikanieren und deportieren und den Rest in Schach halten will. Wer gegen eine „Koaltion mit Rassisten“ protestieren mag, soll das tun, aber ich meine, die FPÖ darf ruhig mit einer rassustischen Partei koalieren, sie ist ja selbst eine …

Dass der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Wiens von den (niederösterreichischen) FPÖ-lern als „Kellernazis“ spricht, ist von begrüßenswerter Deutlichkeit und sachlich wohl unbedingt berechtigt (wenn man „Keller“ nicht fritzlmäßig zu eng fasst; ganz Niederösterreich ist ja quasi unterirdisch). Die Entrüstung gewönne allerdings an Glaubwürdigkeit und Nachdruck, wenn die IKG bei passender Gelegenheit auch einmal die derzeitigen israelischen Regierungsparteien als Siedlungs-, Boulevard- und Parlamentsnazis bezeichnete.

Sonntag, 19. März 2023

Sind „chatbots“ intelligent?

Wenn ich es richtig verstanden habe, besteht die „künstliche Intelligenz“ bei den sogenannten chatbots angeblich darin, aus einer sehr großen Datenmenge gewisse Regelmäßigkeiten, gewisse Muster herauszufiltern und auf der Grundlage derselben dann neue, ähnliche Daten zu fabrizieren. Aber ist das Intelligenz?
Wenn ein Schüler einen Aufsatz über sein schönstes Ferienerlebnis zu schreiben hat, dann muss er zu diesem Zweck nicht zuvor Dutzende, Hunderte, Tausende oder Millionen solcher Aufsätze gelesen zu haben, um einen zu Text verfassen zu können, der anderen ähnelt und so den Erwartungen des Lehrers entspricht. Für einen akzeptablen Aufsatz muss er nur die entsprechendem Normen kennen und anwenden können. 
Der entscheidende Unterschied wird freilich sein, dass er von einem eigenen Erlebnis schreiben kann ― selbst wenn es ein erfundenes wäre ―, während eine Maschine nichts selbst erlebt. Für einen guten Aufsatz ist allerdings etwas anderes relevant. Dennaußer der reproduktiven gibte es ja auch eine kreative Intelligenz. Je freier und selbständiger einer also mit den einschlägigen Normen umgeht, ohne sie völlig außer Acht zu lassen, für umso intelligenter wird man ihn halten. Wer nur das Erwartbare abspult, wirkt hingegen eher dröge. Und wer bloß von anderen abschreibt, wie variierend auch immer, stellt nicht gerade seine Intelligenz unter Beweis.
Intelligenz ist nämlich nicht gleich Speicherplatz mal Rechenleistung geteilt durch Wiederholbarkeit. Bei Menschen geht es um etwas anderes: Wir wissen etwas nicht deshalb, weil wir mehr solche Sätze darüber gespeichert haben, die etwas Bestimmtes besagen, als solche, die etwas anderes behaupten ― weshalb wir, wenn wir etwas gefragt werden eher auf jene als auf diese Datenmenge zugreifen ―, sondern weil wir etwas als zutreffend und richtig erkannt und es uns gemerkt haben. (Wobei wir uns auch irren oder falsch informiert sein können.) Zweimal zwei ist für uns nicht deshalb vier, weil wir so programmiert sind oder wir mit unzähligen Rechenbeispielen gefüttert wurden, die dies besagen, sondern weil wir es abzählen und errechnen können.
Mündige Menschen können, Sachverstand vorausgesetzt, in aller Regel richtige von falschen Behauptungen unterscheiden. Und je intelligenter einer ist, desto eher nimmt er solche Unterscheidungen nicht danach vor, ob mehr Leute dies oder das sagen, sondern weil er eigene Überlegungen anstellt. Nur dumme Menschen halten eher das für wahr, was sie oft gehört haben, als das, was ihnen eigene Beobachtung, sachgerechtes Wissen und eigenständiges Urteil auf Grund vernünftiger Kriterien abverlangt.
Lernen ist nicht das Anhäufen von Datensätzen, deren gesteuerte Durchforstung und die Abrufbarkeit und strukturierte Rekombination von derart gefilterten Resultaten, sondern die Erweiterung und Gestaltung des persönlichen Vorrats an Wissen und Handlungsmöglichkeiten. Sonst wäre bloßes Auswendiglernen ja schon dasselbe wie Verstehen. Wer jemals jemanden unterrichtet oder auch nur sich selbst beim Lernen beobachtet hat, weiß, dass dem nicht so ist.
Geistesgeschichtlich betrachtet musste man sich erst einreden, dass Gehirn funktioniere wie ein Computer, um dann daran glauben zu können, ein Computer leiste mehr oder minder dasselbe wie ein denkender, gar fühlender Mensch. Nein, Maschinen simulieren nur das an menschlichem Vermögen, auf das wir den Menschen reduzieren. Und sie können das nur, weil sie so programmiert werden, wie sie von Menschen programmiert werden. Stimmt, sie können schneller rechnen als Menschen, sehr viel schneller, aber Denken ist nicht Rechnen allein, und Daten gespeichert zu haben und reproduzieren zu können, ist kein Bewusstsein.
Weil jedoch die Simulationen immer perfekter werden, werden Unterscheidungen immer schwieriger. Das geht stets damit einher, dass Begriffe absichtlich undeutlich gemacht oder sogar in ihr Gegenteil verdreht werden. Intelligenz zum Beispiel. Wissen. Lernen. Bewusstsein. Persönlichkeit.
Seit langem arbeitete eine (sich ihrer in dieser Funktion gar nicht immer bewussten) Propagandamaschinerie daran, einerseits den Menschen als biologische Maschine vorzuführen, anderseits Maschinen zu vermenschlichen. Wem aber nützt es, den Unterschied von Mensch und Roboter, Person und Sache zu verwischen, gar aufzuheben? Ganz sicher nicht dem Menschen. Und ganz sicher befördert es weder Freiheit noch Würde.

Freitag, 17. März 2023

Balken & Splitter (96)

Wenn in einem osteuropäischen Land, sagen wir in Polen oder Ungarn, die Regierung am Parlament vorbei und gegen breiten gesellschaftlichen Protest (gegen den sie mit Wasserwerfern und Verhaftungen vorgeht) erhebliche Einschnitte im Sozialsystem vornähme, man spräche von autoritärer Politik und einer Gefährdung des Rechtsstaates und der Demokratie. Nicht so im Falle Frankreichs.
 
Wenn in einem osteuropäischen Land, sagen wir in Polen oder Ungarn, die parlamentarische Regierungsmehrheit gegen den erklärten Willen der Oppostion ein Wahlrecht beschlösse, dass bei der nächsten Wahl die Oppostionsparteien eklatant benachteiligte (bis hin zum Verschwinden aus dem Parlament), man spräche von autoritärer Politik und einer Gefährdung des Rechtsstaates und der Demokratie. Nicht so im Falle der BRD.