Sonntag, 8. Dezember 2024

Ihr Kinderlein, kommt nicht

„Hätt’ Maria abgetrieben, wärt ihr uns erspart geblieben!“ Dieser alte slogan der Abtreibungsbefürworterinnen (beiderlei Geschlechts) ist in seiner ganzen menschen- und religionsfeindlichen Bösartigkeit völlig zutreffend. Dem totalkonsumistischen Wunsch, den Mitmenschen endgültig zur Verfügungsmasse der heteronom eingepflanzen „Rechte“ und „Bedürfnisse“ zu machen, steht im Wesentlichen nur noch das aufrechte Häuflein aufrechter Christen und Christinnen entgegen, das mit dem Rücken zur Wand des unerbittlichen Zeitgeists an der Würde und dem Lebensrecht jedes Menschen, auch des ungeborenen, mit frommem Trotz festhält.
Abtreibung ist Mord und deshalb kann es, egal, was Gesetze besagen, niemals ein „Recht“ auf Abtreibung geben. Daran ist kein vernünftiger Zweifel möglich. Menschen dürfen Menschen nicht töten, das steht fest; Ausnahmen mag es zur Fremd- und Selbstverteidigung oder, je nachts Rechtsordnung, zur Strafe geben. Im Grundsatz aber ist, um es religiös zu formulieren, jedes menschliche Leben heilig und unantastbar.
Dass in dieser wahnsinnigen und verderbten Weltordnung, an der so viele freiwillig und alle mindestens unfreiwillig mitwirken, Menschen im Elend leben, ausgebeutet werden, an Hunger und vermeidbaren Krankheiten oder in Kriegen sterben, ist schrecklich genug, es rechtfertigt nicht, Kinder im Mutterleib zu zerstückeln. Wenn Frauen zu arm sind, soll man ihre Armut beseitigen, nicht ihre Kinder.
In den wohlstandsverwahrlosten Ländern werden ungeborene Kinder ohnehin eher deshalb getötet, weil ein Kind gerade nicht zum Lebensentwurf oder zum Lebensstil passt. So werden beispielsweise 80 bis 90 der Kinder, bei denen pränatal das Down-Syndrom diagnostiziert wurde, nicht zur Welt gebracht, sondern abgemurkst. Bei ähnlichen Diagnosen verhält es sich ähnlich. Und das befürwortet jemand? Das ist eine Entscheidung, die eine Frau für ihr Kind treffen darf?
Denn es geht nicht, wie die Pro-Abtreibungs-Ideologie behauptet, um die freie Verfügung von Frauen über ihr Eigentum, hier: ihren Körper. Selbst wenn es nur darum ginge, wäre es fraglich, ob man mit sich wirklich alles machen darf, wonach einem der Sinn steht. Doch tatsächlich geht es ja um einen anderen Menschen, um das Kind, dass sich im Körper der Frau befindet. Selbst wenn man also ein Verfügungsrecht über den eigenen Körper zugestände, was ist mit dem Recht des anderen Menschen auf Leben und körperliche Unversehrtheit? Steht dieses Recht nicht höher als die Unbilden einer „ungewollten“ Schwangerschaft? Sein Kind töten zu lassen ist etwas grundsätzlich anderes, als sich die Zehennägel zu schneiden oder die Haare zu färben. Hier ist eben nicht nur der eigene Körper betroffen, sondern auch und vor allem der Körper eines anderen Menschen, der ein für allemal vom Leben zum Tode befördert werden soll. Oder eben nicht soll. ― Was nebenbei die „Ungewolltheit“ der Schwängerung betrifft: Wer nicht schwanger werden will, soll halt nicht ficken. Wer zu blöd zum „Verhüten“ ist, soll das nicht am Kind auslassen. (Und was die sehr seltenen Fälle von Schwangerschaften nach Vergewaltigungen betrifft: Warum soll ein unschuldiges Kind für ein Verbrechen seines Vaters bestraft werden dürfen? Noch dazu mit der Todesstrafe?)
Man muss schon sehr fanatisiert oder moralisch heruntergekommen sein, um „für Abtreibungen“ einzutreten sein und dieses Unrecht gar zum „Recht“ umetikettieren zu wollen. Man muss vor allem ohne Achtung und Liebe gegenüber dem Mitmenschen, in diesem Fall dem eigenen Kind sein. Die Befürworterinnen (beiderlei Geschlechts) behelfen sich meist damit, dass sie ihr Gewissen mit der Behauptung kalt stellen, was da heranwachse, sei ja noch gar kein Mensch.
Ja, was denn sonst? Die Ausdrücke „schwanger sein“ und „ein Kind bekommen“ sind synonym. Sobald eine Frau schwanger ist (und wenn sie nicht schwanger wäre, könnte sie nicht „abtreiben“), ist ein Kind unterwegs. Von der befruchteten Eizelle über die Einnistung derselben und dann die Monate der Schwangerschaft bis zur Geburt ist ein weiter Weg, auf dem manches schief gehen kann. (Auch ein natürlicher Abortus ist leider möglich.) Aber das rechtfertigt kein willkürliches Eingreifen, schon gar keine Tötung jenes lebendigen „Zellverbandes“, von dem absolut niemand genau und mit Gewissheit sagen kann, ab wann er, wenn nicht von Beginn an, denn nun ein „richtiger“ Mensch ist. Vernünftig, weil sachlich angemessen und ethisch verantwortungsbewusst, ist darum nur, schon die befruchtete Eizelle als Kind, als zwar noch unausgebildeten, aber doch um nichts weniger zu achtenden, ja zu liebenden Mitmenschen anzunehmen.
Zur Erinnerung: Lebenswertes von nicht lebenswertem Leben zu unterscheiden und letzteres folgerichtig zu vernichten, war eine Vorliebe der Nazis. Die waren zwar, was Arierinnen betraf, sehr fürs Kinderkriegen und darum gegen Verhütung und Abtreibungen, aber „Erbkranke“und die Kinder der „fremdrassigen“ massakrierten sie durchaus, geboren oder ungeboren, und gern deren Mütter und Väter noch dazu. Das ist die Traditionslinie von Eugenik, Euthanasie und eben auch Abtötung der Leibesfrucht, in die sich stellt, wer „noch kein Mensch, nur ein paar Zellen“ sagt, wenn von ungeborenen Kindern die Rede ist.
Keine Frage, es gibt reaktionäre Kräfte, die die Gegnerschaft zur Abtreibung für ihre scheußlichen Zwecke missbrauchen. Ebenso wie sie Religion missbrauchen. Ihnen geht es nicht um Menschenwürde und Menschenrechte, ihnen geht es um Familienideologie, Lebensstil, Segregation, Niederhalten der Armen und die Ausübung von Macht. (Wie sich in den USA zeigt, sind Politiker, die öffentlich für Abtreibungsverbote eintreten, oft Ehebrecher, die ihre Buhlinnen gegebenenfalls zur Abtreibung nötigen. Doch selbst wenn einer mal in dieser und ähnlicher Hinsicht keinen Dreck am Stecken hat, kann er trotzdem ein bösartiger Reaktionär sein.) Dass man aus den falschen Gründen gegen Abtreibung sein kann, ändert freilich nichts daran, dass es auch gute Gründe gibt.
„Hätt’ Maria abgetrieben …“ Hat sie aber nicht. Vielmehr empfing sie vom Heilgen Geist und brachte unseren Herrn und Erlöser zur Welt. Zugegeben, die Geschichte des Christentums ist voller Irrtümer und schwerer Sünden. Bis heute. Doch von den teuflischen Machenschaften der Menschen bleibt, wenn man es ernst nimmt, das Evangelium unberührt. Gott ist der Gott des Lebens, der auf der Seite der Schwachen und Benachteiligten steht ― und nicht der der Mächtigen und Benachteiligenden. Wer aber wäre schwächer, schutzloser, schutzbedürftiger als ein ungeborenes Kind?
Christ sein muss heißen, für die Würde, das Wohlergehen, das unbeschädigte Leben des Mitmenschen einzutreten. Ausbeutung, Zerstörung, Verblödung, kurzum: die herrschende Weltunordnung ist unvereinbar mit dem Evangelium. „Was ihr für den geringsten meiner Brüder getan habt …“ Wer also ein Kind töten lässt, geboren oder ungeboren, stellt sich gegen Gott. Und hat darum zu Recht nichts zu erwarten als die Hölle, die er (oder sie) anderen schon auf Erden bereitet hat.

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