Freitag, 20. Dezember 2024

Drei Erinnerungen an Hermes Phettberg

Am 18. Dezember starb Hermes Phettberg, entnehme ich den Nachrichten. Ich bin ihm nur zweimal persönlich begegnet. Beim ersten Mal, Anfang der 90er, brachte ihn ein Bekannter aus der Rosa-Lila-Villa zu einer kleinen studentischen Veranstaltung am Rooseveltplatz mit (ein anderer brachte Doron Rabinovich mit). In der Diskussion brauchte es nur Minuten, bis er und ich aneinander krachten. Unsere Auffassungen waren völlig unvereinbar. Keine Ahnung, worum es ging.
Ein paar Jahre später schrieb er an die Zeitung, in der ich damals viel publizierte, einen Leserbrief. In einem Teil, der nicht zur Veröffentlichung bestimmt war, lobte er mich sehr. In dem Teil, der dann veröffentlicht wurde, nannte er mich herzlos.
Wieder ein paar Jahre moderierte ich eine Veranstaltung des Günther-Anders-Forums. Noch bevor es anfing, ging ein Raunen durch die Hänge des Liesinger Rathauses: Phettberg kommt und er hat abgenommen. (Damals hatte er wohl schon seine Tefausendung oder hatte sie gehabt.) Tatsächlich kam dann Hermes Phettberg in den Saal, trat an den Tisch, an dem ich schon saß, stellte sich vor und fragte, ob ich Stefan Broniowski sei. Als ich bejahte, sagte er: „Ich lese alle Ihre Artikel. Ich stimme Ihnen nie zu.“ Ich weiß nicht mehr, was ich erwiderte, vielleicht: „So geht es vielen.“ Jedenfalls setzte Phettberg dann hinzu, dass er noch vor Veranstaltungsende gehen müsse, niemand solle sich etwas dabei denken, er sei nur schon verabredet.
Was für ein Selbstbewusstsein!, dachte ich mir. Und welche Fürsorglichkeit; Niemand solle sich kränken, wenn Herr Phettberg früher gehen müsse. Ob er erwartete, ich werde das in meine Moderation einflechten? Ich tat es nicht, und Hermes Phettberg blieb bis zum Schluss. Die Diskussion nach den Vorträgen, an der er sich beteiligte, war hitzig und lang gewesen.
Mehr fällt mir zu Hermes Phettberg nicht ein. Ich habe nie seine Tefausendung geschaut und seine Zeitungsartikel nie gelesen. Für mich war er einfach dieser große, fette, unappetitliche Kerl, der sehr viel intelligenter und gebildeter sein mochte, als man auf Grund seiner Selbstinszenierung hätte glauben mögen. Dass so jemand populär werden konnte, zumindest vorübergehend, fand ich bemerkenswert. Vielleicht machte es mir auch Mut. Josef Fenz, der sich Hermes Phettberg nannte, kam mir immer sehr unglücklich vor und war es wohl auch. Armut und Krankheit dürften seine letzten Jahre verdunkelt haben. Er ruhe in Frieden.

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