Freitag, 14. März 2025

Willkürliches Herumregieren, unabhängig von demokratischen Mehrheiten

„Deutschland muss unabhängig von Wahlterminen und unabhängig von der Zusammensetzung des deutschen Bundestages entscheidungsfähig sein, Deutschland muss verteidigungsfähig werden und Deutschland muss zurück auf die internationale Bühne.“ Sagte Friedrich Merz, Vorsitzender der stimmenstärksten Partei und geplanter nächster Regierungschef, am 13. März im deutschen Parlament.
Das klassische autoritäre Konzept: Der Staat („Deutschland“) darf nicht abhängig von all dem demokratischen Plunder sein, von Herumwählerei und parlamentarischen Mehrheitsverhältnissen. Es muss ganz was entschieden was entschieden werden. Und das soll ganz großes Theater ergeben („internationale Bühne“). ― Wie sagte schon Bismarck vor preußischen Abgeordneten: „Nicht durch Reden und Majoritätsbeschlüsse werden die großen Fragen der Zeit entschieden, sondern durch Eisen und Blut.“
Während aber Bismarck, soweit man weiß, stets wusste, was er sagte, verplappert sich der nicht nur im Vergleich zum eisernen Kanzler recht mickrige Herr Merz gern einmal. Denn das Pikante an seinem illiberal-antidemokratischen Gequatsche ist ja, dass es zu seinem Werben um eine parlamentarische Mehrheit für eine Verfassungsänderung gehört, durch die seiner künftigen Regierung das Schuldenmachen im großen Stil erlaubt werden soll. Fast könnte man Merzens Unfähigkeit, seine Worte und seine Absichten, seine Taktik und sein Ziel irgendwie in Einklang zu bringen, rührend finden. Wenn es nicht so lächerlich, so unberechenbar und darum gefährlich wäre.
Pointe Nr. 1: Im Wahlkampf hatte Merz noch über Schuldenmacherei und wirtschaftliche Inkompetenz von Sozialdemokraten und Grünen geschimpft wie ein hysterischer Rohrspatz. Der Staat müsse mit seinen Einnahmen auskommen, und Schulden gingen ja nun mal gar nicht. Nun will er die Stimmen der Sozen fürs Regieren und die der von ihm als linke Spinner diffamierten Grünen noch mal eben dazu, um die verfassungskonforme Neuverschuldung in ungeahnte Höhen treiben zu können.
Pointe Nr. 2: Dazu soll auf den alten, längst abgewählten Bundestag zurückgegriffen werden, während der neue, der unangenehmerweise eine parteipolitisch vertretbare Zweidrittelmehrheit nicht zulässt, noch auf seine Verwendung warten muss: um Bundeskanzler Merz zu installieren. Ein interessantes Verständnis von Demokratie, Verfassung und Rechtsstaat.
Pointe Nr. 3: Das, was Merz und die Seinen jetzt gern beschlossen hätten, hätte mit ihren Stimmen seit Jahren auf unproblematische Wege beschlossen werden können, aber eine Änderung der berüchtigen „Schuldenbremse“ lehnten sie immer als Teufelszeug ab. Die Ablehung war aber offensichtlich eher hypokriritsch als kategorisch, denn derzeit ist ihnen der alte Bundestag doch noch gut genug, um zu genehmigen, was sie früher auf keinen Fall wollten und noch im nur wenige Wochen zurückliegenden Wahlkampf strikt verwarfen.
Aber „Deutschland“ muss eben künftig (und also wie bisher) offensichtlich unabhängig von Wahlversprechen und Wirtschaftskompetenz regiert werden. Was vorhin noch völlig undenkbar, ist jetzt unbedingt notwendig. Morgen ist womöglich ohnehin wieder alles anders. Wer das für verrückt und unverantwortlich hält, ist offensichtlich ein realitätsfremder Spinner.

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