Dienstag, 30. Januar 2024

Demokratie: Gut und schön, aber wozu?

Ein eigenartiges Modell von Demokratie, dass da Tausende von Demonstranten und Demonstrantinnen praktizieren, wenn sie gegen die (möglicher) Wahlentscheidungen auf die Straße gehen. Eigentlich sollte es genügen, dass man, wenn man bestimmte Parteien ablehnt, sie einfach nicht wählt. Dazu hat man ja alle paar Jahre Gelegenheit. Die Demos „gegen rechts“ aber wollen mehr, sie wollen denen, die „rechts“ wählen wollen, mitteilen, dass sie eine dumme und gefährliche Wahl treffen, wenn sie AfD wählen. (Explizit rechtsextreme und neonazistische Parteien sind ohnehin verboten und damit nicht wählbar.) Und das angesichts des Umstands, dass dieses „Falschwählen“ ein Fünftel oder Viertel der Wahlberechtigten betrifft.
Nun zweifle ich nicht daran, dass es dumm und destruktiv ist, AfD zu wählen. Ich zweifle aber auch nicht daran, dass es nur um wenige Grade weniger dumm und destruktiv ist, SPD, Grüne, FDP, CDU/CSU, Linke oder BSW zu wählen. Keine dieser Parteien macht eine vernünftige Politik (oder würde eine machen), die sich wirklich den Herausforderungen der Zeit stellt und echte Lösungen für die anstehenden Probleme (soziale Gerechtigkeit, Umweltschutz, Bildung usw.) kennt und umzusetzen bereit ist. In unterschiedlichen Abstufungen sind sie alle für ein Weiterwursteln im Kapitalismus mit widerwärtigen Folgen für Milliarden Menschen.
Ja, die AfD ist ekelhaft. Ja, der demokratische Rechtsstaat ist weniger aufdringlich als eine willkürlich und gewaltsam agierende Diktatur.
Aber vielleicht könnten mir ein paar von den vielen, die da „für Demokratie“ demonstrieren sagen, was ihre heißgeliebte Demokratie denn bisher gebracht hat, außer einer für manche im Globalen Norden recht komfortablen Absicherung der Weltwirtschaftsordnung, die zu Ausbeutung, Zerstörung und Verdummung führen muss. Und ob sie wirklich glauben, durch ihre Wählerei am System der Profitmaximierung etwas ändern zu können. Die real existierende Demokratie führt nachweislich dazu, dass die Reichen reicher werden, die Mittelschichten zwischen Aufstiegswunsch und Abstiegsangst nur mit sich selbst beschäftigt sind und die Armen in ihrer Passivität und Disponibilität verwaltet werden.
Demokratie wäre eine gute Sache, wenn sie anders funktionierte. So wie sie aber tatsächlich funktioniert, ist sie für einige sehr bequem (und einige wenige sogar profitabel), aber sie bringt weder allgemein Wohlstand, allgemeine Sicherheit und allgemeine Chancen auf ein sinnerfülltes Leben hervor. Im Gegenteil.
Nein, die AfD, die Identitären und anderes rechtes Gesindel sind gewiss keine Alternative. Aber wer gegen sie und für „Demokratie“ lautstark und massenhaft demonstriert, soll doch bitte sagen, was eine „nicht-rechte“ Demokratie denn besser machen kann, will, soll oder wird. Wer so wählt, wie bisher immer gewählt wurde, wählt ein Weiterso ohne eine andere Perspektive als ein Zusteuern auf Niedergang und Untergang. Klingt das zu dramatisch? Schwerlich dramatischer, als eine Bedrohung „der Demokratie“ durch „rechts“ auszurufen.
„Wir sind mehr“ ― ja, also wo ist das Problem? Dann passt doch alles. Dann sagt doch, wo’s lang geht. (Übrigens: Wend wenn die anderen mehr sind, sind die dann im Recht oder gilt dann das Mehrheitsprinzip nicht mehr, weil die Falschen zu viele sind?) Wenn also ohnehin die guten Demokratinnen und Demokraten in der Mehrheit sind, warum kommt dann nicht mehr heraus als Scholz und Merz, Lindner und Baerbock und wie sie alle heißen, eine einzige Ansammlung von Inkompetenz, Visionslosigkeit und Unterwürfigkeit gegenüber den Interessen der Konzerne?
Kurzum, ich bin auch für Demokratie, aber was die Leute so zusammenwählen ist ein Graus. Und nicht erst, wenn sie Rechtspopulisten wählen.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen