Donnerstag, 6. Dezember 2018

Selbstkritik

Völlig irrational ist mein Vertrauen in das menschliche Vernunftvermögen, genauer gesagt: meine Erwartung, meine Mitmenschen würden, wenn sie könnten, lieber von ihrer Vernunft Gebrauch machen (und sich beispielsweise Fakten und Argumenten stellen), statt sich ihren Affekten zu überlassen. Das ist anscheinend auch der Grund, warum ich so oft anecke und mein Gegenüber verprelle. Ich vermeine, mich an der Sache zu orientieren, und denke nicht an die Empfindlichkeiten und Ressentiments, an all die unbewussten Gefühle, die im Spiel sind. Damit ignoriere ich die Tatsachen des Lebens und handle also irrational. Das Verrückte daran ist nun, dass ich von diesem, meinem Irrationalismus, obwohl ich um ihn weiß, nicht lassen kann, schon gar nicht in der Hitze des Gefechts (also im Streitgespräch), dass also ganz offensichtlich meine vermeintliche Vernünftigkeit ihrerseits affektbeladen ist. Das leidenschaftliche Bemühen um das bessere, um das allein richtige Argument ist eben gerade dies: eine Leidenschaft.

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