Samstag, 10. Februar 2024

Rechts und gegen rechts

Es geht nicht um zwei verschiedene Vorstellungen von Politik, sondern um zwei Bedürftigkeiten. Die einen fühlen sich angesprochen vom Angebot, verachten und hassen zu dürfen. Sie wollen, dass sich etwas ändert, weil es ihnen so, wie es ist, nicht gefällt. Die anderen fühlen sich in ihrer Lage ganz wohl, aber zuweilen gestört von negativen Affekten und allzu brutalen Veränderungswünschen. Sie wollen, dass alles weitergeht wie bisher, nur irgendwie besser.
Die einen sind gegen das Etablierte, weil sie nicht dazugehören (selbst wenn sie davon profitieren), aber ihre bevorzugte Problemlösung besteht in Problemverleugnung und dem Einsatz von Problemsurrogaten, vor allem einem: Klimawandel? Migranten! Kinderarmut? Soziale Ungerechtigkeit? Migranten! Welthunger? Migranten! Pisa-Studie? Migranten!
Die einen sind für das Etablierte, weil sie sich einreden, es sorge irgendwie für sie (was nicht ganz falsch ist), und sie bestimmten ohnehin selbst darüber, wer sie regiert. Warum dann die seit Jahrzehnten anstehenden Probleme nicht gelöst werden, bleibt unerfindlich. Warum hat all die nicht-rechte Wählerei nicht zu Klimaschutz, sozialer Gerechtigkeit, guter Bildung für alle usw. geführt?
Für Demokratie sind die Rechtspopulisten und ihre Sympathisanten auch. Immerhin wollen sie ja gewählt werden und ihre Wähler wählen sie, sonst wäre ja von einer „Bedrohung der Demokratie“ gar keine Rede. So wie die einen dagegen sind, dass „rechts“ gewählt wird, sind die anderen dagegen, dass nicht „rechts“ gewählt wird. Jede Seite wirft der anderen vor, falsch zu wählen. Aber gewählt werden soll. Unbedingt
Dass aber Wahlen keine Lösung sind, belegen die Anti-rechts-Demos selbst: Sie wären ja überflüssig, wenn man darauf vertraute, dass  demokratische Wahlakte alles entschieden. Gegen das Wählen der anderen und gegen deren Meinungen, Überzeugungen, Stimmungen und Hassgefühle zu demonstrieren, obwohl amn selbst nach eigenem Bekunden in der Mehrheit ist, zeigt ja, dass man den Institutionen der Demokratie nicht vertraut. Dazu hat man auch keinen Grund.
Die andere Seite hingegen setzt darauf, dass sich durch Wählen etwas ändern lässt: Sie stimmen gegen das Bisherige für ein Anderes, das sie womöglich nicht vorhersehen können, das aber immerhin verspricht, ihren Gefühlen freien Lauf zu lassen.
Wollen die einem am Gewohnten und Vertrauten festhalten, mit dem sie gfanz gut gefahren zu sein meinen, wollen die anderen den Bruch. Auch mit dem Stil und den Manieren und gegebenfalls sogar mit dem, was andere bisher für Recht und Ordnung erklärt haben. Auf dass dann eine neue Ordnung und ein anderes Recht herrschten. Das eigentliche Recht, das bisher unterdrückt wird. Sie wollen, könnte man sagen, ein neues Establishment. 
Beide Seiten sind geprägt von Selbstgerechtigkeit. Wir wissen es besser. Wir machen nichts falsch. Wir sind das Volk.

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