Samstag, 8. Januar 2011

Designerkinderwunsch

In Australien gibt es, so wird berichtet, ein Paar, das vor Gericht das Recht erstreiten will, das Geschlecht ihres erst zu zeugenden Kindes im Voraus festzulegen. Die Leute haben drei Söhne, wollen jetzt ein Tochter und ließen bereits ungeborene Zwillinge töten („abtreiben“), weil sie wieder das falsche, nämlich männliche Geschlecht hatten.
Die Welt ist schlecht und der Konsumismus treibt seltsame Blüten. Ohnehin habe ich den sogenannten Kinderwunsch immer für unethisch gehalten, denn er behandelt Menschen als Mittel zum Zweck (hier: der Wunschbefriedigung) und nicht als Selbstzweck. Wer sich „ein Kind“ wünscht, will etwas haben und nicht eine bestimmte Person — die es ja noch gar nicht gibt. Insbesondere unter den Bedingungen des zeitgenössischen Konsumismus ist dieses Habenwollen zudem oft verfehlt: Du bist unbefriedigt? In deiner Partnerschaft kriselt’s? Deine Träume von familiärem Glück haben sich bisher immer als das erwiesen, was sie sind: reaktionäre Illusionen? Dann schaff dir doch ein Kind an!
Bisher bedeutete das: irgendeines, Hauptsache irgendwie selbstgemacht (oder zumindest selbst bezahlt). Doch die Verheißung der modernen Biomedizin lautet: Nicht irgendeines, sondern eines, dessen Eigenschaften man im Voraus zusammenstellen kann wie die Extras eine zu kaufenden Automobils.
Das wäre dann die Zukunft: Bestell dir dein Wunschkind. Im Rundumsorglospaket. Bloß kein Risiko eingehen mit dem Nachwuchs. Darum darf man auch keineswegs beim Geschlecht stehen bleiben. Unbedingt gehören in den Katalog Haar- und Augenfarbe, Körperbau, Größe usw. usf. Und dann irgendwann alles, was man gerne als irgendwie genetisch bedingt ansehen möchte: Intelligenz, Neigung zu Fettsucht oder Alkoholismus, Wahlverhalten … Wer möchte nicht gern ein braves und fleißiges, ein kluges und gut aussehendes Kind sein Eigen nennen?
Das wird kommen. Die Menschen sind dumm und unverschämt genug, es zu wollen, Wissenschaft und Wirtschft gierig genug es auszutüfteln. Was technisch machbar ist, wird gemacht werden. Homo homini lupus? Das war einmal. In Zukunft wird es heißen: Der Mensch ist dem Menschen ein Designer. 

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