Dienstag, 12. Dezember 2017

Tatsachenverdrehung (III)

Derzeit ist naturgemäß die Gelegenheit, für Deutschlands hauptberufliche Dummschwätzer*innen, sich zu Wort zu melden. „Deutschland ist ein offenes und tolerantes Land.“ Das ist mir erstens völlig neu und widerspricht einer Fülle von Erfahrungen, zweitens freut man sich schon auf das Aber, das einer solchen selbstverliebten Selbstverkennung unweigerlich folgt. „Aber wer in Deutschland leben will, muss sich unserem Wertekonsens verpflichten.“ Eine Begründung, warum das so ist, wird selbstredend nicht geboten. Ist einfach so: Entweder du hast dieselben Werte wie „wir“ oder du hast dein Existenzrecht verwirkt. Was mit Schurken, die nicht deutsch genug werten, passieren soll, sagt die Autorin nicht: Nur Deportieren? Oder gleich Vergasen? Mit beidem kennen Deutsche sich ja aus. Einer Journalistin jedenfalls passiert so eine Formulierung („wer … leben will“; das Gegenteil von leben ist bekanntlich sterben) nicht einfach, das ist tief im Wertekonsens der Volksgemeinschaft verankert. Aber was ist überhaupt das todeswürdige Verbrechen, um das es hier geht? „Wer den Davidstern in Deutschland verbrennt, steht außerhalb der Meinungsfreiheit.“ Meiner Meinung nach ist das Blödsinn. Verbrannt wurde die Fahne des Zionismus und des Staates Israel, nicht „der Davidstern“, also nicht ein Symbol einer Religion oder Bevölkerungsgruppe, sondern das Symbol eines kolonialistischem, rassistischen Bewegung und eines genozidalen Terrorstaates. Gibt es etwas Perverseres als dieses deutsche Gesindel, dass sich unter Berufung darauf, einst als Nation Millionen Menschen umgebracht zu haben, das moralische Recht zuschreibt, sich auf die Seite von Mördern zu stellen?

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