Montag, 18. November 2024

Amerika? USA?

Ein kluger Mensch wies mich einmal darauf hin, dass es nicht, wie ich geschrieben hatte, „Amerika“ heißen dürfe, sondern USA heißen müsse. Ich gab ihm völlig Recht, Amerika ist ein Kontinent, der Staat aber, den man oft meint, wenn man von Amerika, Amerikanern, Amerikanischem spricht, heißt „United States of America“.
Bei der Anwendung der Korrektur ergibt sich freilich eine kleine Schwierigkeit. Das heißt, eigentlich eine große, die das Vorhaben zunichte macht,
Denn in dem Ausdruck „Vereinigte Staaten von Amerika“ ist ja „Amerika“ enthalten (obwohl der Staat gar nicht alle Staaten des Kontinents umfasst und manche, wie etwa Mexiko, selbst föderal organisiert, also „Estados unidos“ sind). Ersetzt man im Ausdruck „Vereinigte Staaten von Amerika“ das unkorrekte „Amerika“ aber nun durch die korrekten „„Vereinigte Staaten von Amerika“, so erhält man die „„Vereinigte Staaten von den Vereinigte Staaten von Amerika“, was nach neuer Korrektur verlangt. Man gelangt zum infiniten Progress: „Vereinigte Staaten von den Vereinigte Staaten von den Vereinigte Staaten von den Vereinigte Staaten von den Vereinigte Staaten von den Vereinigte Staaten von den Vereinigte Staaten von“ usw. usf. (Es änderte offensichtlich nichts, wenn man ins Englische auswiche: USUSUSUSUSUSUS of ...“ etc.)
Auch wenn es nicht korrekt ist, werde ich also weiterhin auch Amerika sagen und schreiben, wenn ich die USA meine. Das entspricht nicht nur einem häufigen Sprachgebrauch von Bewohnern der USA („Amerikanern“), sondern auch von anderen Amerikanern: Wer in Mexiko von den „Estados Unidos“ spricht, meint meist nicht sein Heimatland Mexiko, sondern dessen nördlichen Nachbarn. Und erspart mir die unkorrekte Redeweise, an logischen Schwierigkeiten irre zu werden ...

Sonntag, 17. November 2024

Aus einem noch ungeschriebenen Roman

„Schaun Sie nur“, sagte Theodor. Wir saßen auf einer Bank im Park. „Die beiden jungen Männer dort drüben trainieren, was man wohl Parcours nennt. Ach, all die kühnen Klettereien, Klimmzüge, Sprünge und Drehungen in der Luft. All das, was ich nie konnte. Ich schwanke zwischen Bewunderung und Neid.“
    „Ich habe die sportlichen Jungs nie beneidet“, sagte ich und zuckte mit den Schultern. „Begehrt vielleicht, aber nicht beneidet. Körperliche Bewegung um der körperliche Bewegung willen war mir immer unverständlich und, wenn man mich dazu zwingen wollte, zuwider.“
    „Sie sind ganz auf einander und auf die Hindernisse fokussiert, die sie mit spielerischer Leichtigkeit zu überwinden suchen. Sie brauchen keine Zuschauer. Was für eine Wohltat inmitten all des Selbstdarstellungswahns im Internet und anderswo.“
    „Nun, Sie immerhin sehen ihnen zu. Und jeder im Park kann das. Wer weiß auch, ob sie nicht nur üben, um einander später, wenn sie’s können, zu filmen.“
    Theodor hörte mir gar nicht zu. „Es ist, als würden Certeaus Gedanken über die listige Aneignung des urbanen Raums in überaus kraftvolle und anmutige Bewegungsabläufe übersetzt!“, schwärmte er.
    Ich schwieg. Aneignung des Raums? Oder vielmehr vorfabriziertes Modell einer Freizeitbeschäftigung ― denn die zwei hatten Parcours ja nicht erfunden ―, um Zeit totzuschlagen und dabei die hässliche und vernunftwidrige Verbautheit der Stadt zu leugnen und so zu tun, als wäre alles ein Spaß. Anpassung an entfremdete Körpernormen und Vergeudung von Kraft und Leidenschaft. Sport erschien mir seit langem als unschöne Verkörperung der kapitalistischen Maximierungsmaxime: höher, schneller weiter, Leistung nicht um eines sinnvollen Zweckes willen, sondern bloß um der eigenen Zurüstung, des Ausstechens von Konkurrenz und eben der Unterwerfung unter ein Prinzip willen.
    Theodor war ganz verliebt: „Schaun Sie nur, bei jedem Salto fällt ihnen die Mütze vom Kopf und wird hinterher in aller Seelenruhe wieder aufgesetzt. Sie muss eben sein.“
    Für mich hatte das Zwanghafte daran nichts Sympathisches. Aber ich sage nichts. Die Jungs waren wirklich schnuckelig, und ich gönnte es Theodor, sich an ihnen zu erfreuen, auch wenn ich seine Deutungen ihres Tuns nicht teilte.

Samstag, 16. November 2024

Noziz zur Zeit (234)

Herr Scholz, heißt es, erwäge eine „Finnlandisierung“ der Ukraine. Äh, wieso hat der abgewirtschaftetete deutsche Regierungschef überhaupt noch was zu melden? Und inwiefern besteht für den Amtsnachfolger Adolf Hitlers überhaupt eine Zuständigkeit? Das Reichskommissariat Ukraine existiert m. W. nicht mehr. Davon abgesehen ist „Finnlandisierung“ eine gute Idee: Finnland ist Mitglied der NATO.

Die niederländische Regierung hat sich darüber fast zerstritten, ob anti-marokkanischer Rassismus in ihren Reihen erlaubt sei oder nicht. Man hat beschlossen, alles zu leugnen. Anlass waren die brutalen Attacken israelischer „Fußballfans“ gegen Amsterdamer Einheimische, die von Medien, auch internationalen, zu der Fiktion verdreht worden waren, die Israelis seien von Antisemiten „gejagt“ worden. Die übliche Täter-Opfer-Umkehr. Statt also die eigene Bevölkerung vor zionistischer Bedrohung von Leib und Leben zu schützen, opfert die Regierung sie eine Propagandalüge (was dumm war, denn die Amsterdamer konnten ja erzählen, was wirklich passiert war; aber das können die überlebenden Bewohner Gazas auch und keiner hört auf sie); und dann sondert sie noch einen Teil der Bevölkerung als „nordafrikanischer Herkunft“ aus und beschuldigt sie, die rassistisch diskriminierten, des gewalttätigen Rassismus. Regierendes Gesindel.

Wer sich jetzt, nach dem „Bruch der Ampel“, darüber empört, dass die Protagonisten des Versagens unbeirrt und unbelehrbar wieder zu Wahl antreten wollen, hat selbst nicht verstanden, was das Problem war und darum weiterhin ist: Inkompetenz, Unfähigkeit zur Selbstkritik, Konzeptlosigkeit, Durchwurstelmentalität. Die können nicht anders. Aber deswegen muss man sie (oder ihr schwarzes Gegenstück) ja nicht wählen

Donnerstag, 14. November 2024

Notiz zur Zeit (233)

Die SPD scheint selbstmordgefährdet zu sein. Anders kann man sich den Wunsch, mit Herrn Scholz, der gerade eine Bundesregierung an die Wand gefahren hat, als Spitzenkandidaten bei der von ihm verursachten Bundestagswahl anzutreten, kaum erklären. Zumal man mit Herrn Pistorius eine Alternative hätte, die anscheinend für viele Wählerinnen und Wähler schon deutlich eher den Eindruck von Kompetenz und Führungsstärke zu vermitteln versteht. (Was allerdings im Direktvergleich zum Versager Scholz, dem als Hamburger Bürgermeister, als Bundesfinanzminister und eben zuletzt als Bundeskanzler so ziemlich alles danebengelungen ist, um es freundlich zu formulieren, auch gar nicht so schwer ist.) Man hat den Eindruck, die Sozen wollen es schaffen, sogar für die Position als Juniorpartner einer künftigen Koalition zu wenig Stimmen zu bekommen. Dürfte hinhauen.

Warum will jemand, der halbwegs bei Verstand ist, Merz und seine CDU wählen? Der Mann ist ein neoliberaler Ausbeuter und Ausbeuterkumpan, er setzt voll auf willkürlichen Sozialabbbau und das systematische Reichermachen von Reichen. Wieso das Leute gut finden, die davon garantiert nicht profitieren werden, verstehe, wer will. Mit Merz wird es auch keine der notwendigen Maßnahmen zum Abschwächen des Klimawandels und seiner katastrophalen Folgen kommen. Derlei würde ja Unternehmensprofite schmälern. ― Also auch bei den Unionswählern: Suizidale Gelüste? Zumindest sozialer Masochismus?

Wieso zum Teufel liegt die FDP in Umfragen schon wieder bei fünf Prozent? Gerade waren es erfreulicherweise nur noch drei. Goutieren die Leute tatsächlich das destruktive Verhalten von Lindner & Co. und können deren Programm „Haut die Armen, hätschelt die Reichen, scheißt aufs Klima!“ etwas abgewinnen?

Talkshows sind Gratisreklame für irrelevante Polit-Zombies. Ohne diese hemmungslos volksverblödenden Quasselsendungen hätte es keinen Aufstieg der AfD gegeben, kaum einer kennte die Wagenknecht ― und habe ich nicht sogar die Rohrkrepierer Scholz und Lindner schon wieder irgendwo wichtigtuerisch herumsitzen sehen müssen? So schnell kann man gar nicht wegschalten, dass einem diese Kanaillen nicht den Bildschirm verpesten. Und das meint nicht nur die Gäste, auch die hirntoten „Talkmasterinnen“ (beiderlei Geschlechts). „Journalismus“ als Steigbügelhalterei. Das Schlimme ist, dass das Publikum derlei Dreck anscheinend unterhaltsam findet und die realitätsfernen Diskurs-Simulationen womöglich zur Grundlage von Wahlentscheidungen macht. Dann lieber Glücksrad.

Montag, 11. November 2024

US-Faschist will Russlands Herrscher die Ukraine schenken, die ihm nicht gehört

„Die Ukraine solle die von Russland eroberten Gebiete abtreten. Im Gegenzug wird garantiert, dass die Ukraine nicht der NATO beitritt.“ So wird der „Friedensplan“ des künftigen Präsident Trump umschrieben, mit dem dieser den Krieg Russlands gegen die Ukraine „binnen 24 Stunden“ beenden wolle.
Was heißt da „Gegenzug“? Beides sind innige Wünsche Putins. „Überlasst mir euer Territorium (und eure Bürger), dafür bestimme ich dann eure Außen- und Sicherheitspolitik.“ Das ist kein Friedensplan, das ist völkerrechtswidrige Anerkennung von Annexion, Kapitulation vor einem Aggressor und Unterwerfung unter eine mörderische Diktatur.
Die Ukraine ist ein souveräner Staat. Als solcher kann sie jeder Organisation beitreten, die sie aufnehmen will. Alles andere ist eine Abwertung des ukrainischen Staates zu einem Protektorat Russlands.
Und es geht auch nicht um Gebiete, die da abgetreten werden sollen, sondern um Millionen Menschen. Was schon jetzt in den von Russland besetzten Gebieten geschieht, all die Repressalien, Folterungen, Verschleppungen und Morde, kann doch kein anständiger und vernünftiger Mensch gutheißen oder gar durch internationales Recht garantieren wollen. Keiner darf zulassen, dass noch mehr Menschen in Putins Fänge geraten.
Wer derlei „Friedensplan“ nennt, ist dumm oder bösartig oder beides.