Sonntag, 4. September 2011

Keine schlechte Wahl

Also so etwas passiert mir selten: Eine Publikumsabstimmung kommt zum selben Ergebnis wie ich! Der Sender ZDFneo hatte dazu aufgefordert, via Internet darüber abzustimmen, welche von zehn in Fernsehen und Netz präsentierten Pilotsendungen die Chance bekommen solle, in Serie zu gehen. In drei Kategorien konnte man bis zu 10 Punkte vergeben und sein Gesamtergebnis mitteilen. Gewonnen hat die Abstimmung (mit dem Wert 5,33) die „Teddy’s Show“ mit ihrem Hauptdarsteller Tedros Teclebrhan.
Es erstaunt mich selbst, aber ich habe da keinerlei Einwände. Ich selbst habe dreimal die Höchstnote vergeben: Ja, ich möchte mehr davon sehen, ja, es ist innovativ und originell, und ja es ist gut gemacht.
Dass das gute Aussehen von Tedros Teclebrhan ihm bei mir nichts geschadet hat, sei einmal vorausgesetzt. Aber ein guter Schauspieler ist er eben auch. Die verschiedenen Rollen, in die er schlüpft, verkörpert er perfekt. Jemanden, der in Eriträa geboren ist, so selbstverständlich schwäbeln und sächseln zu hören, ist allein schon ein bizarrer Genuss. Und die Figur des Lohan Cohen ist so lebensecht, dass man vergisst, dass er nur gespielt ist.
So etwas hat man so im deutschen Fernsehen so noch nicht gesehen. Hier zeichnet sich etwas Eigenständiges ab, dass zwar mit der Komik von Dave Davies oder Bülent Ceylan (oder dem des Klassikers Django Asül) korrespondiert, aber doch in eine andere Richtung geht. Recht hat, wer sich bei der „Teddy’s Show“ an Dave Chappelle erinnert fühlt. Die Machart, die Mischung von Spielszenen und Gesangseinlage, der hintzerfotzige Humor, die Lust am Rollenspiel, die sanfte Frechheit — all das kommt einem bekannt vor. Aber schadet das etwas? Nein. Warum soll es erlaubt sein, alles mögliche andere von den USA zu kopieren aber ein junger, aufstrebender Komödiant soll kein Vorbild haben dürfen?
Ich hoffe also sehr, dass demnächst noch recht viel von Teclebrhan zu sehen sein wird, ob als „Teddy’s Show“ oder in anderer Form. Hier ist eine neue Stimme und ein neues Gesicht, und beides unterscheidet sich wohltuend von dem, was man im deutschsprachigen Fernsehen sonst so an Unterhaltung vorgesetzt bekommt. Gut gewählt!
Ein bisschen unter seinem Wert wurde wohl ein anderer Bewerber um die Publikumsgunst gehandelt: die Puppenshow „Ausgekuschelt“ (Gesamtnote 4,1). Aber ehrlich gesagt, auch ich wurde mit dieser Sendung nicht froh, obwohl ich den Humorstil und das Können von Martin Reinl eigentlich sehr schätze. Man sagt, das Gegenteil von gut sei gut gemeint. Hier ist das Gegenteil von gut leider gut gemacht, denn alles ist hier zu glatt, zu durchdacht, zu gekonnt. Wenn jeder zweite Satz ein Kalauer ist, macht das bald ziemlich müde. Zu viel Professionalität, zu wenig Anarchie! Das Ganze wirkte viel zu angestrengt, auch die Cameo-Auftritte diverser TV-Promis. Für eine halbe Stunde Sendezeit wurde hier zugleich zu viel und zu wenig geboten. Ironischerweise wären kurze Spots à la Mainzelmännchen für diese Puppentruppe vermutlich das geeignetere Format …
Dass die Noten für alle zehn vorgestellten Sendungen zwischen 3,1 und 5,3 liegen, zeigt übrigens, dass sich Gefallen und Abneigung oft die Wage halten und nur selten ein geringer Ausschlag in die eine oder andere Richtung festzustellen ist. Geschmäcker sind eben verschieden. Leider gilt das Fernsehmachern oft als Ausrede, um lediglich „Ausgewogenest“ zu produzieren. Insofern sind Publikumsabstimmungen auch keine Lösung, was die Qualitätsverbesserung betrifft. Und nur, weil zufällig einmal das aus meiner Sicht Richtige herauskommt, fange ich noch lange nicht an, der Meinung der Masse der Zuschauerinnen und Zuschauern zu trauen!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen